Samstag, 26. Dezember 2015

Spirituelle Adventszeit und Weihnachten

Irgendwie vermisse ich die deutsche Adventszeit schon –mit Adventskalender, Nikolausfest, Plätzchen backen, Weihnachtsmarkt, Schnee, Geschenke kaufen, überall Beleuchtung und Kerzen und Weihnachtslieder im Radio. Denn hier merkt man von alledem nichts. Es ist kein bisschen kalt, es gibt keinen Weihnachtsmarkt und die meiste Adventsstimmung bekomm ich noch im Supermarkt wo die Gänge mit Lametta geschmückt sind und Weihnachtslieder laufen. Keine Printenmänner und Lebkuchen schon Oktober in den Regalen, keine Weihnachtsbeleuchtung, keine überfüllte Stadt, weil alle Geschenke kaufen.

Stattdessen wird hier mehr auf den eigentlichen Grund von Weihnachten geschaut: Jesu Geburt. Deswegen ist Adventszeit kein Rummel um Geschenke, keine Neuinterpretation zum Vorteil für die Geschäfte und Geldmacherei, kein Stress. Adventszeit ist das Warten auf Jesus Geburt. Deswegen ist die Kirche in Lila geschmückt (die Farbe des Advents), es gibt dort einen Adventskranz und die Leute gehen zu sogenannten „Retreats“, wo man zusammen betet und spirituelle Vorträge gehalten werden.


Eigentlich ja viel schöner als der ganze Trubel und die Hetze vor Weihnachten. Eigentlich doch viel entspannter und so, wie Weihnachten ursprünglich auch sein sollte bevor der Kapitalismus einen Vorteil aus dem Fest gezogen hat.

Aber ich als deutsches Mädchen vermisse die typische Stimmung im Advent trotzdem. Neben dem Geschenkestress haben wir ja doch schöne Traditionen in Deutschland, wie der Weihnachtsbaum, die Weihnachtslieder und das Plätzchenbacken. Deswegen habe ich hier vor ein paar Wochen schon angefangen Plätzchen zu backen –die nach ein paar Tagen schon aufgegessen waren. Ein bisschen deutsche Weihnachtskultur kann ich so auch hier nach Sambia bringen.

Andererseits erfahre ich, was die Jugendlichen hier zu Weihnachten machen: Am Sonntag fand nämlich eine Art Wettbewerb zwischen den unterschiedlichen Gruppen innerhalb der Gemeinde statt und zwar im Weihnachtslieder singen. Wir haben uns in unserer Gruppe die Wochen vorher jeden Tag getroffen und Tongalieder einstudiert, dazu bestimmte Schritte und Bewegungen und natürlich mit Trommeln.


So werden Weihnachtslieder hier aufgeführt. Nicht einfach nur Singen, nein. Es wird getanzt und getrommelt und geklatscht bis man müde ist. Die Performances waren echt super! Die Bühne haben die Priester und Schwestern eröffnet die zusammen gesungen haben und dann kamen die kleinen Gemeinden. Manche waren so gut, dass das Publikum total gefeiert hat. Leute sind aufgesprungen und auf die Bühne gerannt und haben mitgetanzt und ihre Tücher in der Luft geschwungen. Es war echt eine super Atmosphäre und man hat den „Weihnachtsspirit“ in der Luft gespürt. Unsere Gruppe hat auch einen sehr guten Auftritt hingelegt und wie schon beim ersten Mal Tonga singen waren die Leute überrascht und angetan, dass ich als Deutsche in ihrer Sprache mitsinge.


Meine Eltern waren sehr stolz und das war ich dann auch. Dieser Tag hat mir gezeigt, was doch das Wahre und Schöne an Weihnachten ist. Zusammenkommen um gemeinsam zu Singen, zu Tanzen, Spaß zu haben und zu genießen, dass bald Weihnachten ist.

Ja und dann Weihnachten selbst. Ich habe vorher natürlich fleißig mit meiner Schwester Plätzchen gebacken (die Mama dann versteckt hat damit sie niemand vor Weihnachten isst) und sowieso wurde so viel Essen eingekauft, gekocht und gebacken, dass ich ganz erstaunt war. Wir haben Scons gebacken, Pudding gekocht, es gab verschiedene Säfte und Softdrinks, wir haben Fisch gebraten, verschiedenes Gemüse zubereitet und und und. Man hat echt gemerkt, dass was Besonderes bevorstand. Und dann habe ich mir extra für Weihnachten ein Kleid nähen lassen, was ich Heiligabend dann abgeholt habe.




Fleißig wurde dann vor der Abendmesse gewaschen und gebügelt und sich herausgeputzt und ich war schon ganz aufgeregt wie die Christmette wohl wird. Es war dann echt sehr schön in der Messe. Die Stella-Kinder, wo meine Schwester auch zugehört, haben getanzt. Sie hatten alle weiße Kleider an und Glitzer auf den Armen und beim Gloria und Halleluja haben sie sich in den Mittelgang gestellt und getanzt.


Sowieso war es total feierlich, der Chor hat die Lieder geschmettert und alle Leute haben mitgeklatscht und mitgetanzt. Da hat man gespürt, dass Weihnachten ist. Nachher als wir nach Hause kamen, war sogar ein kleiner Weihnachtsbaum im Wohnzimmer aufgebaut und ein Krippenbild aufgestellt.


Und es gab so viel gutes Essen, dass wir alle satt und glücklich und sehr spät in die Betten gefallen sind. Einmal Weihnachten hier so ganz anders und doch ähnlich wie in Aachen zu feiern war deswegen auf jeden Fall ein Erlebnis wert. Das Weihnachtsgefühl war trotz der sommerlichen Temperaturen irgendwie da.

Montag, 14. Dezember 2015

Voller Gegensätze – Lusaka

Ich musste wegen meinem Visa nach Lusaka in die Hauptstadt mit der Sister fahren und das war tatsächlich das erste Mal seit ich in Mazabuka Anfang September angekommen bin, dass ich meine Heimatstadt verlasse.
Wir sind natürlich mit einem der Autos nach Lusaka gefahren die zwischen den Städten hin und herpendeln statt das Auto der Sister zu nehmen, weil es einfach preiswerter ist –und außerdem ein Erlebnis wert. Denn die drei Stunden Autofahrt nach Lusaka und generell reisen ist oft ein kleines Abendteuer. Wir saßen zu viert gequetscht auf der Rückbank, unangeschnallt, eine Frau hatte ihr Baby auf dem Schoß, und dann über die schlecht geteerten Straßen bis nach Lusaka. Ich habe mich übrigens noch immer nicht an den Linksverkehr hier gewöhnt, weil manchmal einfach niemand im Linksverkehr fährt. Wenn gerade keiner entgegenkommt und die Straße auf der anderen Seite besser asphaltiert ist, wechselt man halt mal eben die Spur. Als wir Lusaka erreicht hatten, waren wir also ganz schön durchgeschüttelt.
Wir fuhren durch die Stadt zu den Botschaften und kamen an so vielen unterschiedlichen Orten vorbei. Ich war ja erst einmal in der Hauptstadt und zwar als ich gerade mit dem Flieger angekommen war. Da hatte ich gar keinen Nerv all die unterschiedlichen Gegenden hier aufzunehmen. Doch jetzt war ich wachsamer. Es gibt sehr schöne Ecken von Lusaka, große Hotelanlagen, Schwimmbäder, Rasenflächen mit so viel Grün, Parkanlagen –und dann auf der anderen Seite graue Hochhäuser, Wellblechhütten-Märkte und vermüllte Straßen.



Eine Stadt voller Kontraste. Auch als wir in die Stadt mit einem der bunten Minibusse gefahren sind, war diese voller Eindrücke. So viele Menschen, auf dem Weg zur Arbeit, Händler, Kinder die auf der Straße spielen, Alt und Jung, Schwarz und Weiß.


Es gibt riesige Märkte und tausend kleine Geschäfte und wir haben sogar einen echten Eisladen gefunden wo italienisches Eis verkauft wird und sind anschließend Pizza essen gewesen –meine erste Pizza seit fast vier Monaten.



Leider habe ich nicht viele Fotos gemacht, aber ein paar Eindrücke bekommt ihr. Es ist auch sehr schwer das alles zu beschreiben – die Atmosphäre muss man einfach erlebt haben. Die Rückfahrt war dann wieder etwas unbequem aber bei offenem Fenster mit frischem Wind im Haar und Gospelmusik aus dem Radio und der tollen Landschaft zwischen Lusaka und Mazabuka habe ich die Reise doch sehr genossen.

Mittwoch, 9. Dezember 2015

Über Wetter und Politik


Ich wollte schon was länger einen Post machen, der euch ein bisschen über die Lage zur Zeit hier in Sambia informiert, aber ich habe mich nicht wirklich getraut so etwas hier zu veröffentlichen, weil ich ja auch nur subjektiv berichte und außerdem auch als Deutsche nicht alles mitbekomme und ebenfalls ja noch nicht lange hier bin und deswegen gar nicht so viel urteilen kann. Aber trotzdem, ein bisschen kann ich schon über die Lage hier berichten, zumindest so wie ich sie erlebe und wie ich es von Freunden und der Familie erzählt bekomme.


Gerade haben wir nämlich eine vergleichsweise schwere Zeit in Sambia. Das hat viele Gründe, unter anderem das Wetter. Letztes Jahr gab es nicht viel Regen und so wurde mit Wasser dieses Jahr viel gespart. Manchmal haben wir nur abends und morgens fließendes Wasser, manchmal den ganzen Tag. Vor ein paar Wochen war es in manchen Teilen Mazabukas so, dass die Leute kein Wasser für ein paar Tage hatten und das wurde echt zum Problem.
Zum Glück ist das nicht wieder vorgekommen. Dasselbe mit Strom. Hier in Mazabuka ist das nicht wirklich ein Problem, manchmal haben wir für ein paar Stunden am Tag keine Elektrizität, doch das ist schon okay. Aber in anderen Städten wie zum Beispiel der Hauptstadt Lusaka fällt der Strom täglich für sechs Stunden aus. Das ist nicht normal für Sambia, erzählt meine Familie hier, das hat es noch nie gegeben. Manche Leute sagen aber, dass es nicht nur mit der schlechten Regenzeit vom letzten Jahr zu tun hat, sondern auch mit der Art und Weise wie die Verantwortlichen mit diesem Problem umgehen. Und auch dieses Jahr hat der Regen sich sehr, sehr verspätet, schlimmer als letztes Jahr. Eigentlich erwarten wir Regen um Ende Oktober rum. Im November regnet es dann meistens schon ziemlich stark. Dieses Jahr ist bis jetzt noch kein Regen gekommen. Manchmal schauert es ein bisschen, aber das war es dann auch schon wieder. Das Problem ist, dass die Farmer hier so ihren Mais nicht ordentlich pflanzen können und dieser Mais ist das Grundnahrungsmittel hier. Es wird also auf Regen gehofft und um Regen gebetet, doch dank des Klimawandels wird nächstes Jahr wohl auch keine gute Ernte da sein. Das ist ein großes Problem.


Neben dem Regen geht es mit der Wirtschaft auch gerade ziemlich den Bach runter. Wir bezahlen hier mit Kwacha und unsere Währung verliert zurzeit sehr an Wert. Als ich im August kam war ein Euro acht Kwacha wert. Jetzt ist ein Euro 14 Kwacha wert. Fast das Doppelte also. So steigen die Preise überall und die Leute fragen sich, wie lange das noch so gehen soll. Besonders jetzt um die Weihnachtszeit wird erwartet, dass sich die Situation noch zuspitzt.


    (Zuckerfabrik in  Mazabuka)


Wir hoffen alle, dass nächstes Jahr die Lage Sambias besser wird und dass der Regen bald kommt um immerhin den Mais wachsen zu lassen. Ebenfalls wird nächstes Jahr neu gewählt, so dass viele Leute die Hoffnung haben, dass sich dann die Dinge ändern. Wir werden es sehen. Nichtsdestotrotz ist Sambia ein wundervolles Land, auch mit schlechten Regenzeiten oder einer schlechten Wirtschaft. Die Menschen hier sind friedvoll und stolz auf ihr Sambia und ich bin ebenfalls stolz für ein Jahr dazuzugehören.

Montag, 30. November 2015

City of Joy


Ich habe letztens erfahren, dass es in Mazabuka noch mehr Freiwillige gibt und zwar von einem anderen Projekt. Dieses Projekt dreht sich um Kinder die kein Zuhause haben. Die City of Joy ist dabei ein Platz wo sie für längere Zeit bleiben können, Essen bekommen, ihre Hausaufgaben nachgeguckt werden und es verschiedene Freizeitaktivitäten für sie gibt.


Dieses Zentrum wird von sambischen Schwestern geleitet und es gibt immer Freiwillige aus unterschiedlichen Ländern die mithelfen. Zurzeit gibt es dort nur zwei Freiwillige die in einem eigenen kleinen Haus wohnen und sich um die Kinder zusammen mit den Schwestern kümmern. Eine Belgiern und eine Österreicherin und beide sind in meinem Alter. Als wir voneinander erfahren haben, überrascht, dass es noch andere Freiwillige hier in dem kleinen Mazabuka gibt, haben wir natürlich direkt ein Treffen organisiert und ich bin die City of Joy besuchen gekommen. Es war sehr interessant auszutauschen, was gut und was nicht so gut läuft, welche Herausforderungen es gibt und was unterschiedlich und was ähnlich in unseren Projekten ist. Teilweise habe ich sogar mit ihnen auf Deutsch geredet und das war schon sehr seltsam. Das erste Mal konnte ich etwas mehr über alles reflektieren was ich bisher schon hier erlebt habe und mir eine andere Sicht einholen als wenn ich von meinen Erfahrungen jemand Einheimischen erzähle. Wir haben direkt zusammen Schokokuchen gebacken und ich habe sogar mein erstes sambisches Bier getrunken. Alkohol in der Öffentlichkeit zu trinken wird hier nämlich gar nicht gerne gesehen und so hatte ich bisher noch nicht die Möglichkeit einmal sambisches Bier zu probieren.

 
Die Freiwilligen in der City of Joy sind jedoch ein bisschen freier als ich und solange sie in ihrem eigenen Volunteer-Haus sind, dürfen sie ihren deutschen Lebensstil leben. (Ich dürfte bei mir Zuhause zum Beispiel nicht in Hot Pant rumlaufen oder Bier trinken). Ein bisschen neidisch war ich da schon, aber dann habe ich mir gesagt, dass ich es eigentlich besser habe. Denn vielleicht habe ich nicht diesen deutschen Komfort, aber den will ich hier in Sambia doch auch gar nicht haben. Sonst hätte ich auch in Aachen bleiben können. So genieße ich es immer wieder hier ganz und gar sambisch zu leben.


Da wir hier auch irische Schwestern haben und eine dieser Schwestern das Treffen organisiert hat, haben wir außerdem das Kloster besucht und haben dort zusammen Mittag gegessen. Es war so seltsam nur von weißen Menschen umgeben zu sein (auch wenn es nur fünf waren), typisch europäisches Essen zu essen und in diesem großen Kloster zu sein, dass ich mich ganz komisch gefühlt habe. Ich bin nun schon über drei Monate hier und habe an diesem Tag das erste Mal gemerkt, wie sehr ich mich schon an das ganze sambische Leben angepasst hatte. Ich will gar nicht wissen wie groß der Kulturschock dann wird, wenn ich nächstes Jahr wieder zurück in Deutschland bin!

Auf jeden Fall ist es sehr gut zu wissen, dass man jederzeit einander besuchen kann um etwas über das FSJ zu quatschen. Wir haben auch schon geplant mal zusammen wegzufahren und etwas Urlaub zu machen, weil ich ja dieses Jahr leider nicht die Möglichkeit habe das mit Mitfreiwilligen zu machen. So habe ich nun eine gute Gelegenheit auch ein bisschen rumzureisen um andere Ecken Sambias zu sehen.

Mittwoch, 25. November 2015

Weihnachten bringt ein Baby

In den letzten Tagen ist viel Besonderes passiert.

Zunächst war am Montag bereits die Weihnachtsfeier in meiner Schule, da den ganzen Dezember hier Ferien sind und die Schulen nun alle schließen. Deswegen organisiert meine Schule immer eine kleine Feier mit viel Besuch und Aufführungen, Kuchen und Geschenken um ein bisschen Weihnachten mit den Kindern zu feiern. Am Montag war es dann soweit. Die Wochen vorher hatte jede Klasse fleißig etwas einstudiert was dann vorgeführt werden sollte. Wir hatten mit den Lehrern ein Lied geübt, Süßigkeiten als Preise organisiert und gebastelt um unsere Aula weihnachtlich zu schmücken. Ich hatte Zuhause am Wochenende mit meiner Schwester Weihnachtsplätzchen gebacken um den Kindern zu zeigen was wir in Aachen zu Weihnachten backen.
Also habe ich mich morgens mit einer großen Schachtel auf den Weg zur Schule gemacht und sofort wollten alle wissen, was ich denn dabei hatte. Zum Glück waren es genug für alle und ich denke die Kinder haben sich auch sehr darüber gefreut. Bevor die Feier gestartet ist, haben wir noch Tische geschleppt und alles schön dekoriert (und nebenbei rumgealbert wie man auf den Bildern sieht).







Wir alle waren sehr gut drauf. Genauso wie an der Feier selbst, die wir alle sehr genossen haben. Es kam viel Besuch, nicht nur Eltern, sondern auch unsere Partnerschule, eine internationale Schule, die unsere Schule sponsert und erst ermöglicht hat, dass sie das ist, was sie heute ist. Ebenfalls die irischen Schwestern die uns finanzieren und ebenfalls hier arbeiten sowie ein paar Vertreter unserer Gemeinde waren da. Daher waren in der Aula heute so viele unterschiedliche Nationalitäten versammelt, Kinder, Ordensschwestern, Lehrer, Eltern, Schüler –ein kunterbuntes Bild, was ich sehr genossen habe. Die Kinder haben dann mit ihren Klassenlehrern ihre einstudierten Dinge aufgeführt –Weihnachtslieder, Gedichte, kleine Theaterstücke, Tänze.



Wir Lehrer haben zusammen gesungen und die Kinder der internationalen Schule haben ebenfalls ein paar Lieder sowie Sketche aufgeführt. Es war sehr schön.


Anschließend gab es für alle ausreichend Getränke, Plätzchen, Kuchen und Muffins –es hat sich wirklich wie Weihnachten angefühlt. Richtige Torte habe ich nämlich seit ich hier bin nicht mehr gegessen, es wird vielleicht mal ein Trockenkuchen gebacken, aber Schokolade oder Sahne ist einfach viel zu teuer (und hält auch bei dem Wetter nicht lange). Deswegen habe ich den Kuchen richtig genossen. Auch konnte ich mit den Lehrern der internationalen Schule ein paar Worte wechseln, die ganz überrascht waren, dass eine Deutsche in der Schule arbeitet. Wir haben ausgemacht, dass ich auf jeden Fall auch einmal ihre Schule besuchen werde. An diesem Tag waren so viele weiße Menschen um mich herum, das ist mir ganz seltsam vorgekommen, ehrlich. Ich habe mich doch schon ziemlich eingewöhnt.

Und dann ist noch etwas anderes ganz Besonderes passiert: Ich bin Tante geworden! Hier in Sambia ist es Tradition, dass bevor ein Kind geboren wird, die Mutter nach Hause kommt und den letzten Monat plus den ersten wo das Kind dann da ist, im Elternhaus wohnt. So kann sich die Großmutter mit um das Kind kümmern und zeigen wie und was alles gemacht wird und werden muss. Meine ältere Schwester ist also vor ein paar Wochen hier zu uns gekommen und Montagabend ist sie dann zum Krankenhaus gefahren. Wir waren alle ganz aufgeregt und sind spät abends extra nochmal mit Essen und Trinken hingegangen und haben geschaut wie es ihr geht. Als wir da mit vier Mädchen so spät aufgekreuzt sind, wurden wir schon verwundert gefragt, was wir denn um die Uhrzeit im Krankenhaus machen. Essen bringen, meinten wir nur wie aus einem Munde. "Zu Viert?", wurden wir gefragt. Meine Schwester hat gegrinst, "Familie, Familie", meinte sie nur und wir haben gelacht. Unsere große Schwester hat sich dann total gefreut, dass wir noch vorbeigekommen sind, aber ein Baby war noch nicht da. Zuhause wurden schon Wetten abgeschlossen, ob es ein Mädchen oder ein Junge wird. Wir hatten alle im Gefühl, dass es ein Junge wird (wir brauchen auch wirklich mal einen Jungen im Haus, ich habe nur einen Bruder) und selbst die Ärzte meinten, dass es ein Junge wird. Also stand die Sache eigentlich schon fest, trotzdem wurde gewettet. Meine Schwester hatte nämlich beschlossen, dass es doch ein Mädchen wird und so wetteten wir gegeneinander. Um fünf Uhr morgens bin ich dann aufgewacht, weil ich Freundenschreie im Nebenzimmer gehört habe. Meine Schwester war auch sofort hellwach. Was ist passiert? Haben wir gerufen und meine Mutter ist ins Zimmer gestürmt. "Ein Mädchen, es ist ein Mädchen!" hat sie gerufen und ich habe den Kopf im Kissen versenkt. War ja klar, ich hatte die Wette verloren. Gefreut haben wir uns natürlich total! An Schlafen war nicht mehr zu denken! Ein Mädchen! Das hatte uns alle sehr überrascht. So ist ihr Tonganame auch direkt „Jembele“ geworden, "Überraschung". Wir sind um fünf Uhr morgens aufgestanden und zum Krankenhaus gegangen. Müde war niemand.


Wir waren alle total hellwach und glücklich. Und schließlich konnten wir auch unsere große Schwester mit ihrem ersten Baby gesund im Krankenhaus finden. Die Babys hier sind nach der Geburt noch ganz hell. Die Hand meiner Nichte hat die gleiche Hautfarbe wie ich.


Da sieht man es doch: Wir sind alle gleich.

Sonntag, 22. November 2015

Bericht Nummer Zwei

Für den EWE habe ich meinen zweiten Bericht geschrieben und auch wenn ich hier bereits über ein paar der Dinge erzählt habe, möchte ich ihn euch zeigen. Hier ist er:

Es ist schon ein bisschen seltsam. Seit ich hier in Sambia bin, scheinen die Uhren anders zu ticken und damit meine ich nicht nur die "sambische Zeit". Wenn ich auf die knapp drei Monate zurückschaue weiß ich vielmehr nicht, ob mir das länger oder kürzer als drei Monate vorkommen soll oder wie lange einem überhaupt und normalerweise drei Monate vorgekommen sind. Wahrscheinlich weil diese Zeit so erlebnisreich war, womöglich die erlebnisreicheste Zeit bisher in meinem Leben.

Als ich vor ein paar Jahren beschlossen habe auf jeden Fall nach der Schule ins Ausland zu gehen, wollte ich zunächst nur für ein halbes Jahr fort aus Deutschland. Ein Jahr weit weg von meinen Liebsten, das kam mir so unglaublich lange vor. Ich habe gedacht, sich in ein anderes Umfeld einzuleben, das dauert doch nur ein paar Wochen und ein halbes Jahr ist genug Zeit um eine andere Kultur kennenzulernen. Wie falsch ich doch lag! Ich wollte immer, dass Dinge schnell gehen, dass ich schnell hier ankomme, schnell Tonga lerne, schnell genauso gut Nshima kochen kann, schnell eine echte Sambierin werde. Da musste ich aber enttäuscht werden. Hier laufen viele Dinge langsam. Deswegen war die erste Sache, die ich lernen musste nicht die Sprache oder das Kochen sondern geduldig zu sein, besonders mit mir selbst. Ich bin nunmal eine Deutsche und ich brauche meine Eingewöhnungszeit. Das mussten nicht meine Familie und Freunde verstehen (die sind alle sehr geduldig mit mir), sondern das musste ich akzeptieren. Und Schritt bei Schritt lernte ich auch, Schritt bei Schritt nahm ich das Leben in meiner Familie und meiner Arbeitsstelle an und gab meine persönliche Note dazu.

So ist es nicht nur so, dass ich die Leute auf der Straße in Tonga begrüßen kann, denn auf der anderen Seite kann meine Familie mich in deutsch zurückgrüßen. Morgens kommt meine Mutter zum Beispiel ins Zimmer und sagt "Guten Morgen Chile" und ich sage" Mwabuka buti?" und sie antwortet "Kabotu" (das ist der Gruß am Morgen in Tonga). Das Beste daran ist aber, dass sie auch meine Schwester im Nachbarzimmer mit "Guten Morgen" weckt. So lebt meine Kultur auch oahne mich hier weiter, genauso wie ich vorhabe all diese Erfahrungen hier später in Deutschland zu teilen. Noch besser ist dann aber, wenn meine Schwester meine Mutter in ihrer deuschen Aussprache verbessert. "Mama das wird Guten Morgen ausgesprochen! Du sagst es falsch!" Das ist doch mal Kulturaustausch auf Augenhöhe.


Dieser Kuluraustausch lässt sich auch sehr gut an meiner Arbeitsstelle finden. Ich bin zur Zeit in einer Behindertenschule tätig und hier habe ich noch kein Mal erlebt, dass die Kinder "Mzungo" rufen wenn sie mich sehen. Mzungo bedeutet, dass ich eine Weiße bin und ich mag es gar nicht, wenn ich über die Straße gehe und die Kinder dieses Wort rufen. Ich bin natürlich eine Weiße und ich kann verstehen, dass die Kinder aufgeregt sind, wenn sie plötzlich ein weißes Mädchen an ihrem Haus vorbeilaufen sehen. Aber ich bin nicht NUR eine Weiße. Die Kinder in der Schule haben mich von dem ersten Moment an so angenommen wie ich bin und so macht es keinen Unterschied, dass wir andere Hautfarben haben. Ich gebe Unterricht so gut ich kann und mache mit, wenn andere Lehrer Unterricht geben. So übten wir für den Independence Day ein Lied in Bemba ein und ich sang mit auch wenn meine Aussprache bestimmt nicht die Beste war. Aber die Kinder haben sich total gefreut, dass ich mitmachte. Singen. Das können die Kinder gut. Bevor der Schulbus kommt, werden die Klassenräume gefegt und es wird gewartet. Dann schnappt sich einer der älteren Jungs eine Trommel aus dem Klassenzimmer und plötzlich kommen alle Kinder an, umschwirren ihn, klatschen, trampeln, zerren mich in die Mitte und meinen ich soll tanzen. Meistens lachen sie über meine Art zu tanzen und ich muss oft feststellen, dass die Schüler hier es besser können als ich, egal ob sie nun ein Handicap haben oder nicht.
Am Independence Day haben ein paar der Mädchen eine Art Marsch vorgeführt und natürlich habe ich mitgemacht. Jeder von uns hat einen schwarz-weiß angemalten Stock in die Hand bekommen. Mit dem marschiert man auf und ab wärend einer Trommel spielt und macht unterschiedliche Bewegungen. Es hat so viel Spaß gemacht! Und noch besser war zu sehen wie glücklich die Leute waren ein weißes Mädchen mitmarschieren zu sehen. Außerdem hatten wir eine Feier in der Gemeinde unter den Jugendlichen wo ordentlich getanzt wurde -und diesmal nicht nur auf sambische Art! Ich habe den Mädchen nämlich den für Karneval typischen Gardetanz beigebracht und alle waren total begeistert.

Was ich hier in meiner Familie besonders lerne, ist, die Dinge zu schätzen, die man hat. Ein Beispiel: Hier in Mazabuka haben wir eigentlich keine Probleme mit Strom wegen der Zuckerfabrik die rund um die Uhr Elektrizität braucht. Manchmal haben wir aber dann dich das Pech abends ohne Strom im Dunkeln zu sitzen. Eigentlich möchte man bei der Hitze endlich duschen und sein Handy aufladen oder so ungefähr. Und dann geht plötzlich -zack- das Licht draußen and und in der Umgebung jubeln Kinder und wir rennen auf die Veranda und klatschen und jubeln mit.

Manchmal vermisse ich natürlich auch die ein oder andere Sache, besonders wenn es um Essen geht. Ich als Aachenerin die Karneval sehr gern hat fehlte mir besonders das Fettgebäck das meine Oma immer backt, Puffeln auf Öcher Platt. Aber, kein Problem hier in Mazabuka! Denn, sobald man vor die Türe geht, findet man an jeder Ecke Frauen die sogenannte Frittos verkaufen. Und als wir Zuhause selbst welche zubereitet haben, musste ich feststellen, dass die genauso schmecken wie Omas Puffeln.

So gibt es so viele Gemeinsamkeiten die die Menschen hier wie dort teilen und das ist immer wieder schön zu entdecken.

Montag, 9. November 2015

Auf Chitonga singen

Letzte Woche hatten wir eine besondere Feier in unserer Gemeinde, es war nämlich der Namenstag von Franz von Assisi. Hier sind die Gemeinden nochmal in sogenannte „Small Christian Communities“ aufgeteilt und unsere SCC ist Franz von Assisi geweiht.
Deswegen veranstalteten wir einen kleinen Gottesdienst in unserer Grundschule und organisierten eine anschließende Feier. Für den Gottesdienst sollten die Jugendlichen singen und so trafen wir uns die Woche vorher jeden Tag um zusammen Lieder zu üben. Das erste Mal, als ich mitgegangen bin, um zu proben, habe ich gedacht, wir treffen uns vielleicht in der Kirche. Aber falsch gedacht. Am praktischsten ist es doch, man trifft sich einfach auf der Straße und so trafen wir uns vor der Grundschule zwischen den Häusern, bauten ein paar Bänke zu einem Kreis auf und die Jungs holten die Trommeln von Zuhause. Und dann wurde einfach losgelegt –natürlich in Tonga. Am Anfang hab ich mich noch schwer getan die Lieder mitzusingen: Neue Melodie, dann die Schritte dazu (weil man immer ein bisschen dazu tanzt und klatscht) und auch noch die fremde Sprache. Aber nach ein paar Tagen wurde ich sicherer und schließlich hab ich es richtig genossen mitzusingen. Natürlich blieben immer wieder Leute stehen, die an uns vorbeiliefen, und sahen uns zu, wie wir probten und sangen. Manchmal fingen sie auch einfach auf dem Weg an zu tanzen oder sangen mit, das war toll mitzuerleben. 

Am Samstag war dann der große Tag. Wir waren schon früh in der Schule um zu kehren und zu putzen, einen Altar mit einem Lehrerpult herzurichten, Blumen zu drapieren und Bänke aufzustellen. Und wir haben für die Feier nach der Messe gekocht. Es gab also viel zu tun aber mit den anderen Jugendlichen zusammen hat es total viel Spaß gemacht.

 
Als Chor hatten wir alle weiße Oberteile an und natürlich Chitenge, diesmal in blau. Und als die Messe dann angefangen hat und wir unsere eingeübten Lieder gesungen haben, hat auch alles gesessen.


Es ist echt toll in so einem Chor zu singen. Es wird so laut gesungen, so enthusiastisch und dann die Trommeln dazu –das muss man echt erlebt haben! Und wenn dann die anderen Leute in der Messe ebenfalls aufspringen, klatschen und singen, dann fühlt man sich echt toll.


Nach der Messe kamen die Leute ganz überrascht zu mir und meinten, es wäre ja wirklich toll, dass ich Tonga singen kann und dass ich weiterhin im Chor mitsingen sollte. Das war ein schönes Gefühl. Wir sind anschließend alle ins Nachbarhaus gegangen um noch ein bisschen zu feiern und zusammen zu essen. Als ich später nach Hause kam, war es schon dunkel und ich war sehr müde und geschafft.

Aber es war ein total schöner Tag mit einer wunderbaren Feier und tollen Tongaliedern!

Dienstag, 27. Oktober 2015

Sambia hat Geburtstag

Am Samstag war hier in Sambia Independence Day und das wird immer ganz groß gefeiert. Letztes Jahr hatten wir ein 50-jähriges Jubiläum, schade, dass ich das so knapp verpasst habe. Aber nichtsdestotrotz war es ein sehr ereignisreicher und schöner Tag.

Morgens haben sich ein paar Kinder von meiner Schule getroffen, weil wir zusammen auf der offiziellen Independence Feier in Mazabuka etwas vorführen wollten. Auf dieser Veranstaltung sind alle Schulen aus Mazabuka vertreten. Wir fuhren also zusammen in die Stadt und gingen zu einer großen Wiese, wo anscheinend die Feier stattfand. Morgens waren dort noch viele Leute beschäftigt Bänke aufzustellen, Zelte gegen Schatten aufzuspannen (ich habe trotzdem Sonnenbrand bekommen) und sambische Fahnen aufzuhängen. Dann, nach einer Zeit, füllte sich die Wiese und die ersten „wichtigen“ Leute, welche unter einem speziellen Zelt saßen, kamen an. Es spielte eine kleine Band und der Moderator sagte endlich an, dass es losging. Ich habe meinen Hals gereckt wo nun was anfangen sollte und dann habe ich bemerkt, dass die Menschen alle eine Gasse bildeten und neugierig stellte ich mich dazu. Auf die Wiese marschierten nun Leute ein, vorneweg ein Banner und Musiker mit Trompeten und Trommeln.



Aha, Independence ist wohl der sambische Karneval! Daran hat es mich echt ein bisschen erinnert. Nach den Musikern marschierten nämlich ein paar Vertreter von jeder Schule ein, jede in ihrer Uniform und mit einem Banner vorneweg und der Moderator sagte die Schulen an. Da waren außerdem Vereine, wie die Karatekinder aus Nakambala oder die Vertreter der Zuckerfabrik.


Und alle marschierten in einem langen Zug auf die Wiese. Bevor es mit den Aufführungen losging, wurde natürlich gebetet und die Nationalhymne gesungen. Und dann führen die Schulen verschiedenste Dinge auf, von Tänzen über Gedichte, Schauspiel, Sport bis zu Gesang. Wir führten ein Schauspiel auf, in dem es darum ging, dass sambische Schulkinder überfallen wurden und appellierten an ein friedvolles Sambia. Es spielten ausschließlich taube Kinder und einer unserer Lehrer übersetzte alles. Außerdem führen wir eine Art Marsch vor, in dem ich ebenfalls involviert war.


Dabei hat jedes Kind (und ich) einen Stock in der Hand und man marschiert auf und ab, während man spezielle Bewegungen mit diesem Stock macht. Eine Lehrerin spielte Trommel dazu. Es war echt toll! Nachher kamen so viele Leute auf mich zu und meinten, dass es so schön war, ein weißes Mädchen mitmarschieren zu sehen. Da habe ich mich sehr gefreut.

Außerdem haben wir in unserer Gemeinde eine Art Party organisiert, zu der wir schon Wochen vorher Karten verkauft haben. Wir feierten im Gemeindehaus und es gab reichlich Unterhaltung. Es wurde natürlich viel getanzt wie sich das gehört und zwar auf sambische Art –und auf deutsche! Die Mädchen wollten nämlich alle einen deutschen Tanz lernen und da fiel mir als erstes der typische Gardetanz an Karneval ein. So wurde ich auf die Bühne gezogen und wir tanzten zusammen Garde. Das war wirklich sehr cool.


 Nachher gab es außerdem reichlich Essen für alle und wir grillten draußen. Es war wirklich ein sehr gelungener Nachmittag.
Ich fand es total schön zu sehen, wie stolz die Sambier auf ihr Land sind und mit welcher Freude sie den Geburtstag ihres „Mothercountry Zambia“ feierten. Und ich freue mich, dass ich einfach so wie von selbst mitfeiern und mitmarschieren durfte. Ich denke, dass hat viele berührt und mich auch!

Mittwoch, 21. Oktober 2015

Warum Mazabuka die süßeste Stadt ist

An dem letzten Wochenende haben meine Schwester und ich unseren Onkel besucht, der in einem anderen Teil von Mazabuka wohnt, in Kaleya Sugar. Warum dieser Ort so heißt, wurde mir dann auch klar, als unser Onkel uns mit seinem Auto zuhause abgeholt hat und wir losgefahren sind. Sobald wir die große Straße verlassen hatten, ging es nämlich geradewegs zwischen den Feldern hindurch. Felder soweit das Auge reicht bis an den Horizont. Zuckerrohrfelder. Traktoren, Arbeiter, Bewässerungsanlagen und gerade, asphaltierte Straßen durch das grüne Meer. Und alles das war Zuckerrohr! Onkel erzählte uns, dass von der Zuckerfabrik aus es in jede Richtung 15 Kilometer nur Zuckerrohrfelder gibt. Meine Güte! Die Fabrik habe ich dann auch einmal von außen gesehen. Sie ist nicht besonders schön, ein großer, grauer, rauchender Klotz. Aber dem haben wir zu verdanken, dass wir fast immer Strom und Wasser haben. Andere Teile von Sambia haben manchmal sieben Stunden am Stück keinen Strom. Besonders die Hauptstadt, Lusaka, ist davon betroffen. Die Zuckerfabrik jedoch braucht rund um die Uhr Strom. Zucker ist das, womit die Leute hier Geld verdienen, womit die Wirtschaft angekurbelt wird. Und so braucht Mazabuka Strom –und wir haben das Glück! In Kaleya Sugar, wo mein Onkel wohnt, ist die Situation sogar noch besser: Dieser Teil von Mazabuka generiert seinen eigenen Strom und so haben die Leute hier keine Probleme mit Unterbrechungen. Wasser und Strom durchgehend – was für ein Paradies! Und so ist es mir wirklich vorgekommen, wie im Paradies. Kaleya Sugar ist nämlich ein sehr schöner Ort. Die Häuser sind zwar winzig, doch dafür haben die Leute hier wiegesagt Strom und fließendes Wasser und sehr gepflegte Gärten und Wege.


Die Straßen sind sauber und die Gärten grün und sorgsam angelegt. Es gibt grüne Hecken und schattige Mangobäume, alles erscheint sehr grün und frisch. Ein bisschen hat mich Kaleya Sugar an die Schrebergärten erinnert, die wir in Aachen haben. So sieht es nämlich ungefähr dort aus. So habe ich mal einen anderen Ort kennengelernt.

 
Das Viertel wo ich wohne heißt Kabobola und hier ist es im Gegensatz zu Kaleya Sugar ziemlich staubig und laut. Überall rennen Kinder herum und Musik wird gespielt und wenn es windig ist, wird der Dreck von den Straßen aufgewirbelt. Wenn ich das so schreibe und mir es nochmal durchlese kommt das ein bisschen falsch rüber. Man darf das nicht generalisieren. Nicht überall in Kabobola ist es dreckig und vermüllt. Unser Haus ist sehr ordentlich und die Menschen hier achten sehr darauf, dass alles sauber ist, da man sonst schnell krank werden kann. Aber als ich das erste Mal hierher gekommen bin, als mich die Sister zu meiner Familie durch die holprigen Straßen gebracht hat, da hat mich der viele Müll auf der Straße geschockt. Jetzt gehe ich so selbstverständlich durch mein Viertel und ab und zu denke ich an diesen ersten Moment. Ich bin wohl schon ziemlich hier angekommen und an mein Umfeld gewöhnt. Ich hoffe ihr denkt jetzt nicht ich wäre in so einem klischeehaften Viertel gelandet oder so. Das stimmt nämlich absolut nicht. Ein paar getippte Worte können nicht alles beschreiben was ich hier sehe und erlebe.

Den anderen Teil des Wochenendes habe ich hauptsächlich in der Gemeinde verbracht. Sonntags gibt es immer drei Messen: Die englische, die Kindermesse und die auf Tonga. Eigentlich gehe ich immer mit meiner Schwester und meinem Bruder in die englische Messe wie die meisten Jugendlichen. Meine kleine Schwester geht in die Kindermesse und meine Eltern in die Tongamesse. Letzten Sonntag bin ich jedoch mit meinen Eltern zusammen in die Kirche gegangen, da in dieser Messe eine Hochzeit gefeiert wurde. Meine Mutter meinte, ich sollte auf jeden Fall meine Kamera mitnehmen und mich in die erste Reihe setzen –sozusagen direkt neben die Familie des Brautpaares. Ein bisschen schüchtern setze ich mich mit ihr nach ganz vorne, doch die Verwandten des Paares waren nur ganz begeistert, dass ich ein bisschen fotografieren wollte.


Die Messe war sehr schön und die Atmosphäre echt toll. Eigentlich, außer der Sprache, war es dasselbe wie in Deutschland in einer katholischen Messe. Nur die Gemeinde war viel mehr involviert. Es wurde gesungen und geklatscht und als das Versprechen gegeben wurde haben die Leute gejubelt. Insgesamt eine ganz normale Tongamesse mit Singen und Tanzen und Jubeln.

Ansonsten laufen in der Gemeinde zurzeit die Vorbereitungen für den Independence Day, welcher nächsten Samstag stattfindet. Da bin ich auch schon gespannt drauf, vor allem, weil die Youth immer eine große Feier geben. Sicherlich werdet ihr davon noch hören! Bis dahin, alles Gute aus Sambia!


Eure Helen

Freitag, 9. Oktober 2015

Ein bisschen Familienleben

Ich wollte einen Post über meine Familie machen, aber jetzt weiß ich gar nicht wo ich anfangen soll. Ich bin schon fünf Wochen in meiner Familie und in dieser Zeit sind wir schon sehr zusammen gewachsen. Jeden Tag zusammen draußen sitzen und reden, kochen, einkaufen gehen oder zusammen Musik hören und tanzen.



Manchmal stellen wir die Boxen von unserer Musikanlage nach draußen und meine Schwestern bringen mir ein paar Tanzschritte bei. Ich muss sagen, die meisten hier können echt super tanzen und die sambische Musik höre ich jetzt schon irre gern.
Irgendwo in unserem Viertel läuft sowiso immer Musik, sodass man auch immer genau weiß wann kein Strom da ist (dann ist es nämlich plötzlich gespenstisch still). Und wenn der Storm wiederkommt jubeln alle Kinder in der Nachbarschaft und wir laufen auf die Terrasse und jubeln mit.
Sowieso verbringt man die meiste Zeit draußen weil es übertags im Haus viel zu heiß wird. Morgens ist es noch kühl, daher wird Arbeit in Sachen Haushalt morgens erledigt. Wir kehren das Haus und die Terrasse, spülen und gegen elf wird schon angefangen Mittagessen vorzubereiten. Wir kochen meistens draußen selbst wenn Strom da ist, das ist einfach praktischer.



Nachmittags kann man es weder draußen noch drinnen aushalten finde ich. Oktober ist definitiv zu heiß. Wir warten dann nur darauf, dass die Sonne endlich untergeht und meine Geschwister von der Schule wiederkommen.



Abends ist es dann am Schönsten weil alle Zuhause sind und es kühler wird. Meistens kommt auch Wasser erst abends wieder und dann kann man duschen und alles. Abends ist immer sehr gute Stimmung zuhause. Wir kochen zusammen zu Abend und es wird viel geredet (auch wenn wie untereinander oft schnelles Tonga benutzen das ich nicht immer verstehe).
 Oft kommt auch unsere Nachbarin rüber mit der wir uns ein Grundstück teilen. Es ist ein Paar mit einem ein Jahr alten Kind, Emma. Die ist so oft bei uns, dass sie auch zur Familie zählt. Sowiso ist es hier meistens so, dass Erziehung von Kindern nicht allein Elternsache ist, sondern vielmehr in der Gemeinschaft passiert und alle mit erziehen. Deswegen ist es ganz normal wenn Emma hier ist und wir uns mit ihr beschäftigen.
Unser Haus ist im Vergleich unserem Haus in Deutschland klein aber das fällt irgendwie gar nicht so auf. Ich teile mir mit einer meiner Schwestern ein Zimmer und das ist gar kein Problem. Sie ist ein fast gleich alt wie ich und wir verstehen uns sehr gut. Ich kann mich echt glücklich schätzen, dass ich sowohl sie als auch einen Bruder in meinem Alter habe, weil ich so automatisch deren Freunde kennenlerne und wir viel zusammen unternehmen.



Eine meiner älteren Schwestern die schon ausgezogen sind bekommt im November ihr erstes Baby und dann wird sie für zwei Monate auch hier wohnen, weil das Tradition ist. Da freue ich mich schon sehr drauf.



Sowiso kann ich kaum erwarten, dass November kommt, dann wird es nämlich endlich endlich kühler und die Regenzeit beginnt. Ich hätte nicht gedacht, dass ich den aachener Regen mal vermissen werde!
Viele sonnige Grüße,
Helen/Chile

Donnerstag, 1. Oktober 2015

Meine Arbeitsstelle

Flamboyant Special School. So heißt die Schule zu der ich jeden Morgen um sieben Uhr meinen Weg antrete. Zum Glück ist die Schule sehr nahe und ich muss nur fünf Minuten zu Fuß gehen.


Das ist mittags auf dem Nachhauseweg schon genug Zeit um von der sambischen Sonne verbrannt zu werden. Oktober ist der heißeste Monat hier und so wird es jeden Tag 35 Grad oder mehr. Mein deutscher Körper muss sich da erstmal dran gewöhnen. Wir sitzen oft mittags nur im Schatten und dösen ein bisschen, weil es zu heiß ist um irgendetwas zu tun. Selbst sitzen ist anstrengend :-D

Die Schule ist eine Einrichtung die von irischen Schwestern geleitet wird und somit ein sehr sauberer und schöner Ort. Die meisten Schule die unter der Regierung stehen sind dreckig und überfüllt und so können wir uns glücklich schätzen. Erst letzte Woche waren ein paar Künstler in der Schule und haben ein tolles Wandbild in unserer Aula gemalt.



Das gibt es nicht oft in den Schulen. Der Schulleiter ist mein Onkel und er hat sich sehr gefreut, dass eine deutsche Freiwillige in seiner Schule arbeitet, da vor ein paar Jahren ebenfalls ein Mädchen aus meiner Organisation dort ausgeholfen hat. So wurde ich sofort in das Kollegium aufgenommen und da zurzeit viele Praktikanten an der Special School unterrichten, meinen sie alle: "Du bist auch eine Praktikantin."


In der Special School gibt es insgesamt sieben Klassen. Vier davon sind für geistig behinderte Kinder, von der ersten bis vierten Klasse sozusagen. Der Rest ist für Gehörlose. Bis jetzt war ich in der ersten und zweiten Klasse der geistig behinderten Kinder und habe noch nicht mit den Gehörlosen zusammengearbeitet. Aber ich denke, wenn ich nächstes Jahr nach Aachen zurückkomme, werde ich Zeichensprache beherrschen. Das hoffe ich doch. (Bis jetzt kann ich nur Guten Morgen und Wie geht es dir sagen beziehungsweise zeigen.)
Die Kinder in der ersten Klasse können noch nicht so viel. Es erfordert sehr viel Geduld und Hingabe mit ihnen zu arbeiten. Manche der Kinder sind nicht in der Schule um Fortschritte in ihrer schulischen Ausbildung zu machen, sondern vielmehr um zu lernen in einer Gesellschaft zusammen zu leben.
In jeder Klasse sind nur 10 bis 20 Kinder, weil es wirklich viel, viel anstrengender ist! Jedes Kind braucht eine andere Hilfestellung und da fühlt es sich manchmal an, als hätte man 50 Kinder in der Klasse. Es unterscheidet sich so sehr, worin die Kinder gut oder nicht so gut sind. Manche können wunderbar schreiben und ausmalen, andere malen nur Kringel und schaffen es nicht einen geraden Strich zu ziehen, können aber sehr gut singen und sich Lieder merken. In meiner ersten Klasse war ein Junge, der perfekt Englisch sprechen konnte, aber wenn man ihm einen Stift in die Hand gab, hat er nur wie wild rumgekritzelt. Ein Mädchen hat dagegen kein Wort mit einem gewechselt, doch wenn man sie puzzeln ließ, konnte sie problemlos ein Bild legen. Manchmal sorgt das für Überraschungen und da freut man sich oft über kleine Dinge. Manchmal kann man aber nur den Kopf über das ein oder andere Verhalten schütteln. Und manchmal reißt einem der Geduldsfaden, wenn man erklärt, das hier, das ist eine Vier, aber das Kind ist trotzdem der Überzeugung, dass diese Zahl eine Acht ist. Wir Lehrer haben da oft was zu lachen. Und zu staunen, wenn die Kinder plötzlich einen klaren Moment haben und verstehen, was du von ihnen willst.
Am besten finde ich es, wenn wir Musik haben. Meine Klasse in der ich gerade bin ist sehr gut im Singen, besonders ein Junge, der gibt immer den Ton an und alle anderen stimmen ein. Dann stehen sie alle in einem Kreis, einer dirigiert und alle springen und tanzen durch das Klassenzimmer und singen so laut, dass manche Kinder sich die Ohren zuhalten. Aber ich finde es wunderbar.



Ich finde es besonders gut, dass ich an diesem Ort noch kein Mal als „Musungo“ bezeichnet wurde. Musungo bedeutet weiße Frau und überall schreien die Kinder „Musungo, Musungo!“ wenn ich über die Straße laufe. Ich kann ja verstehen, dass sie aufgeregt sind ein weißes Mädchen zu sehen, aber so auf die Hautfarbe reduziert zu werden ist manchmal ganz schön nervend. In der Special School bin ich für die Kinder aber nur eine ganz normale Lehrerin. Sie bemerken nicht, dass ich eine „Weiße“ bin, für sie bin ich eine weitere Freundin und wenn ich morgens ankomme, werde ich genauso umarmt wie die anderen Lehrer und sie rufen mich genauso „Teacher, My Teacher!“ wie sie die anderen Lehrer auch rufen.


Ich fühle mich daher sehr wohl an meinem ersten Arbeitsplatz und denke schon richtig wie eine Lehrerin. Die Lehrer an dieser Schule meinen alle, wir Lehrer, die die „Special Children“ unterrichten, wir sind auch speziell. Ja, da ist wahrscheinlich was dran.
Manchmal komme ich nach Hause und wundere mich, dass meine kleine Schwester ihre Hausaufgaben so ordentlich in ihr Heft schreibt, weil ich andere Kinder gewöhnt bin.

Montag, 21. September 2015

At Mazabuka Girls'

Am Samstag hatte ich einen besonderen Einblick in das sambische Leben, genauer gesagt in das sambische Schulleben. In der Schule meiner Schwester fand nämlich ein Wettbewerb statt und so musste sie sich auch Samstag auf den Weg zu ihrer Schule machen –mit mir.
Der Weg zu ihrer Schule ist so ungefähr eine halbe Stunde entfernt wenn man zu Fuß geht und das geht man meistens. Wenn das Wetter besonders schlecht ist, wird auch manchmal ein Bus genommen, doch eigentlich wird gegangen. Als wir uns auf den Weg gemacht haben, war es mal wieder ziemlich windig. Und wenn es zu dieser Zeit, also im September oder Oktober windig ist, bedeutet das Staub! In diesen Monaten ist es besonders trocken und heiß und die Straßen sind ausgetrocknete Sandpisten. Wenn man da zu Fuß geht, der Wind den ganzen Sand aufwirbelt und dann auch noch ab und zu ein Auto vorbeifährt, kann man sich vorstellen wie unangenehm das ist. Sand in den Haaren, den Augen, einfach überall.




Als wir den Schulweg endlich bewältigt hatten, standen wir vor der Schule, Mazabuka Girls‘ School.



Es ist eine Mädchenschule und meine Schwester ist in der elften Klasse. Hier geht man bis zur zwölften Klasse zur Schule, genau wie in Deutschland. Das Schuljahr beginnt im Januar und Anfang Oktober bis November finden die Prüfungen statt. Mein Bruder schließt dieses Jahr die Schule ab und so ist er im Moment im Lernstress für seine Prüfungen die nächste Woche beginnen. Bevor die Prüfungen stattfinden wird geschworen. Das bedeutet, dass die Lehrer mit Bibel und allem schwören keine Informationen über die Prüfungen an die Schüler zu geben.

In Sambia haben die Schulen außerdem alle eine Schuluniform. Manchmal, wenn man von der Arbeit kommt, sieht man hier und da Schüler von der Schule kommen und immer kann man sagen, aha, dieses Mädchen geht auf die Mazabuka Girls‘ School oder sonst auf eine Schule. Meine Schwester trägt eine blau weiße Uniform und selbst an dem Samstag waren die Mädchen dort so gekleidet. Da ihre Klasse die Aufgabe hatte für die Lehrer zu kochen, trugen sie außerdem blau weiße Schürzen oder Chitenge.



Alle Mädchen haben mich sofort voll und ganz aufgenommen, das war wirklich sehr herzlich. Wie Mädchen so sind wurde viel gequatscht und gelacht und rumgerannt und wir haben viele Fotos gemacht, weil sie total von meiner Kamera begeistert waren, sobald ich die aus meiner Tasche geholt hatte. Gekocht wurde in einer großen Küche in der Schule, in der die Mädchen auch Unterricht haben. An dieser Schule werden nämlich neben Fächern wie Mathe oder Englisch auch Dinge wie Kochen, Backen oder Gärtnern unterrichtet.



Die Mädchen haben mich außerdem ein bisschen durch ihre Schule geführt und mir die Klassenräume gezeigt. Von außen ist die Schule pink und blau gestrichen und zwischen den Gebäuden sind Bäume und Rasen, da sieht es meiner Meinung nach schon schöner aus als an meiner deutschen Schule. Nach dem Tag in der Mazabuka Girls‘ School habe ich richtig Lust bekommen auch nochmal zur Schule zu gehen und zwar hier in Sambia! Die Mädchen sind alle sehr nett und auch die Lehrer haben mich direkt gefragt ob ich nicht einmal ihren Unterricht besuchen möchte.

Vielleicht kann ich ja ein paar Wochen auch Einblick in die sambische Kultur als eine Schülerin haben. Das wäre auf jeden Fall eine sehr tolle Erfahrung! Bis dahin bin ich aber zunächst „Lehrerin“ an der Behindertenschule. Darüber wird es auch auf jeden Fall noch einen Post geben! Bis dahin viele Grüße aus Mazabuka :-)

Sonntag, 13. September 2015

mein erster Bericht

hallo ihr da draußen!
ich bin nun schon rund eine Woche in meiner Familie und fühle mich sehr wohl hier. Morgen werde ich an meiner ersten Arbeitsstelle anfangen, da bin ich schon gespannt drauf. Das wird in einer Special School sein, also eine Schule für behinderte Kinder. Mal sehen wie viel Zeichensprache ich nach dem Jahr draufhab :-)
Für meine Organisation den EWE schreibe ich regelmäßig Berichte und der erste ist bereits fertig. Ein paar Dinge habe ich hier zwar schon geschrieben, aber ich dachte es ist vielleicht trotzdem interesaant für euch. Hier ist er:

Über Kochen, Dresscode und Kirche

Sambia. Choma, Livingstone und Mazabuka. In den ersten Wochen habe ich schon so viele Plätze in diesem neuen, noch etwas fremden Land gesehen.
Dieses Jahr habe ich die Orientationswochen bei der Sister in ihrem „Convent“ (Kloster) verbringen dürfen – ein Gegensatz zu den letzten Jahren. Aber deswegen habe ich das Leben in Choma und das der Sister hautnah miterleben können. Zusammen haben wir gekocht, gespült, gewaschen und den restlichen Haushalt geschmissen.
Und wenn bei der Sister gekocht wird, oder auch in meiner Familie wo ich nun wohne, dann wird schon morgens damit angefangen (oder am Tag vorher). Es werden Bohnen noch vor dem Frühstück geköchelt, Fisch am Tag vorher getrocknet. Kochen ist hier kein „ich wärme mir mal eben was in der Mikrowelle auf“. Kochen ist hier ein Prozess und zwar ein Prozess mit viel Geduld und Arbeit. Aber das ist gerade schön. In meiner Familie kochen meistens wir Kinder. Und deswegen verbringen wir schon allein beim Kochen viel Zeit miteinander.
Einmal war es so, dass wir so viel gequatscht haben, dass das Gemüse schon wieder kalt geworden war und Mama sich beschwert hat. Doch auch sie muss schmunzeln, wenn sie uns in der Küche hört, wie wir Gospellieder singen oder ich versuche ihnen Paartanz beizubringen.
Tanzen und Singen ist hier etwas ganz alltägliches. In meinem Freundeskreis in Aachen habe ich oft das Gefühl, dass besonders die Jungs nicht tanzen weil sie sich schämen. Hier schämt sich niemand. Hier werden vor der Kirche, wenn auf ein Treffen gewartet wird (und es wird hier oft gewartet) die Trommeln rausgeholt und es fängt einfach irgendwer an zu tanzen.
Genauso ist das mit Singen. Ständig wird gesungen, beim Kochen, beim Kehren, besonders natürlich in der Kirche.
Kirche verbindet einfach alles. Und wenn man sonntags zur Messe geht, alle Leute trifft, zusammen singt und lacht, dann fühle ich einfach, dass Kirche hier lebt und ich wünschte ich könnte etwas von diesem „Spirit“ mit nach Deutschland nehmen.
Genauso in meiner Familie. Wir sind sehr katholisch und deswegen wird jeden Abend zusammen gebetet, was ich sehr schön finde. Einer leitet immer das Gebet und so kann jeden Tag ein anderes Familienmitglied seine Gedanken mitteilen. Das verbindet.
Ich wurde sowieso direkt in die Familie aufgenommen und so habe ich erstmal beim Ankommen einen Tonganamen verpasst bekommen der nichts anderes heißt als „Blessing“ (Segen). Auf Tonga ist das Chileleko und wenn ich mich hier mit diesem Namen vorstelle, ernte ich jedes Mal erstaunte Blicke, weil dieser Jemand nicht glauben kann, dass ein weißes Mädchen Chileleko heißt. Meine Mutter ist überzeugt davon, dass ich allein hier in dieser Familie bin, weil es Gottes Wille war. Und so bin ich ein Segen, eine „Chileleko“, und ein weiteres ihrer Kinder und das fühle ich auch. Ich bin hier keine Fremde.
Vom ersten Moment an war ich ein Teil der Familie und als mich der Father in meiner ersten Messe vorgestellt hat und ich und meine Schwester nach vorne kommen mussten, meinte er: „Das sind Helen und Winnie und sie sind Schwestern.“ Und alle haben gelacht.
Leider ist unser erstes Meeting der Jugend in meiner Gemeinde ausgefallen, ganz plötzlich. Hier muss man jederzeit auf alles vorbereitet sein, „anytime from now“ sagen wir hier. (Jederzeit ab jetzt). Was mich natürlich als modebegeistertes Mädchen besonders interessiert ist die Kleidung die hier getragen wird. Die Sister meinte zu mir, dass sie sehr streng ist, was Kleidung angeht und sie meinte, dass in Deutschland vielleicht Dinge wie Pünktlichkeit wichtig sind und hier ist eins der Dinge die wichtig sind der Dresscode. So zieht sich meine Familie jeden Sonntag schick an um zur Messe zu gehen, Kleider werden noch schnell gebügelt und Hemden herausgekramt. Und wenn man absolut nicht weiß, was man diesen Sonntag anziehen soll, dann bildet man sich ein Chitenge um, das ist nie verkehrt.
Chitenge, das ist ein bedruckter Stoff, den sich die Frauen hier um die Hüften binden. Es gibt Stoff mit kirchlichen Motiven und welchen mit einfachen Mustern. Man kann sie als Tuch, als Rock, als Tragetasche für Babys und Gemüse benutzten und sie sind nie verkehrt zu tragen. Mit einem Chitenge in der Tasche ist man immer auf der sicheren Seite finde ich.
Was außerdem typisch hier ist, das ist natürlich das afrikanische Haar –oder sollte ich lieber indisches Haar sagen? Denn irgendwie war ich immer der Überzeugung, dass die tollen Rastalocken und geflochtenen Zöpfe der Sambierinnen aus echtem Haar bestehen. Falsch gedacht.
In meiner zweiten Woche habe ich einen „Hairdresser“ (Friseur) besucht und da wurden alle Frisuren von lang bis kurz mit falschem Haar angenäht, hineingeflochten und aufgedreht. Ich war fasziniert. Und deswegen musste ich mir natürlich auch selbst so eine tolle Frisur verpassen lassen. Acht geschlagene Stunden habe ich dort verbracht, während die Friseusen um mich rumgeschwirrt sind und wir Geschichten ausgetauscht haben –über Filme die hier wie in Deutschland bekannt sind aber auch über Dinge wie, dass in Deutschland in der Kirche nicht getanzt wird, was sie schockierend fanden. Außerdem habe ich die ein oder andere Geschichte über „Witchcraft“ (Hexerei) gehört und musste schmunzeln, weil die meisten Leute hier auf diese Zauberei beharren.
Selbst beim Friseur wird man, sobald es Mittag wird, zum Nshima essen eingeladen und selbstverständlich wird von einem Teller gegessen. Das verbindet irgendwie und ich finde es sehr schön, dass hier alles geteilt wird, egal was es ist und wie wenig man hat, es wird geteilt.
Als ich beim Friseur Nshima mit den Händen gegessen habe, waren alle Augenpaare plötzlich auf mich gerichtet. Die Weiße ist Nshima mit den Händen! Ich habe ihnen erklärt, dass ich sogar schon Nshima gekocht habe und das fanden sie alle großartig.
So habe ich in dieser ersten Zeit schon viele neue Erfahrungen gesammelt –über Haushalt schmeißen, beten, Familienleben, Tonga lernen. Und ich bin gespannt in welche Situationen ich in den nächsten Monaten noch so stolpern werde!

Sonntag, 6. September 2015

Orientation Weeks

die ersten zwei Wochen hier in Sambia sind schon vorbei und damit liegen meine orientation-weeks (Orientationswochen) nun hinter mir. In den zwei Wochen habe ich in Choma bei der Sister in ihrem Haus "Convent" gewohnt und wir haben verschiedene Sachen zusammen gemacht, sodass ich mit der sambischen Lebensweise ein bisschen vertraut werden konnte. Einen Tag haben wir zum Beispiel ihre Familie besucht die in einer sogenannten Village wohnt. Village (Dorf) ist dabei nicht mit einem deutschen Dorf zu vergleichen. Eine Village besteht nur aus ein paar Häusern und Hütten mit Hunden, Ziegen und Maisfeldern.


Wir wurden zum Lunch eingeladen und natürlich gab es Nshima das typische Nationalgericht aus Maismehl. Und es gab Hühnchen. Es ist nämlich Tradition ein Huhn zu schlachten wenn ein Besucher kommt. Da war ich aber froh, dass ich für das Jahr keine Vegetarierin bin. Obwohl - sicherlich hätte die Mutter der Sister auch diese Lebenseinstellung respektiert. Es ist nämlich bloß ein großes Vorurteil dass die Menschen in den Villages in ihren Traditionen steckengeblieben sind. Auch Sambia entwickelt sich und so manche modernen Verhalten hier haben mich überrascht. So auch meine Probefamilie in der ich zwei Nächte verbringen durfte um ein bisschen sambisches Familienleben schnuppern zu können. Die Familie hat eine Tochter in meinem Alter und zusammen haben wir abends lange gequatscht und Filme geguckt. Was ich sehr schön in dieser Familie fand, war, dass zusammen gegessen wird was eher untypisch für eine sambische Familie ist. Und außerdem, dass abends zusammen gebetet wird. Es liest jemand eine Geschichte aus der Bibel vor und dann kann jeder seinen Teil dazu beitragen und sagen, was die Geschichte für einen bedeutet. Ich finde es sehr gut, dass ich Einblick in verschiedene Familien bekomme. Denn wir werden zwar auf ein paar typische sambische Familienbilder vorbereitet doch am Ende ist jede Familie anders -hier wie in Deutschland. In den ersten Wochen haben die Sister und ich außerdem das nahe Livingstone besucht und waren für zweI Tage mal als Touristen unterwegs. Hier haben wir die berühmten Viktoria Fälle bestaunen können die trotz der Trockenzeit sehr beeidruckend waren.


Dieses Jahr ist besonders wenig Wasser dort, da die letzte Regenzeit nicht gut war. So konnten die Sister und ich über den Fluss laufen und unsere Füße im Wasser kühlen. Das war sehr entspannt bis die Sister mich gewarnt hat: "Tritt nicht zu nahe an die Büsche am Ufer!" "Warum denn das nicht?", habe ich sie gefragt. Und ihre Antwort war: "Da könnte ein Krokodil drin sein!" Oh da habe ich mich aber erschrocken. Zum Glück sind wir keinem Vertreter begegnet. Nur Affen haben wir viele beobachten können.

Nach den Tagen in Livingstone hatte ich ein bisschen Zeit mich auf meine Familie vorzubereiten. Und wenn man hier "ein bisschen Zeit" hat, dann heißt das auf deutsch "viel Zeit haben", zumindest für meine Verhältnisse. Die sambischen Uhren ticken einfach anders und ehrlich gesagt bin ich froh darüber auch wenn ich mich zurzeit noch in Geduld üben muss. In diesen letzten Tagen der Orientationswochen habe ich viel im Thema Haushalt schmeißen gelernt. Das hieß mit den Händen waschen, Nshima kochen, den Garten bewässern und kehren -und und und. Nach einem Tag war ich fix und fertig. Nach dem Jahr komme ich sicher mit ein paar Armmuskeln mehr nach Hause.


Schließlich habe ich meinen letzten Tag in Choma geschlagene acht Stunden in einem Friseursaloon verbracht. Wir haben draußen vor dem Shop auf Plastikstühlen gesessen während die Friseusen die tollsten Hairstyles mit ein bisschen falschem Haar und manchmal sogar Nadel und Faden gezaubert haben. Dabei wurde viel gequatscht und das ein oder andere ausgetauscht -so soll kultureller Austausch passieren -mitten auf der Straße beim Friseur während Musik läuft und Nshima aus einem Topf gegessen wird. Und am Ende dieses letzten Tages in Choma bin ich nicht nur mit einem anderen Haarstyle nach Hause gegangen sondern auch mit vielen neuen Geschichten über das Leben hier in Sambia.


Ich hoffe ich werde noch viele solcher Geschichten in der nächsten Zeit hören. Denn jetzt geht es für mich nach Mazabuka in meine neue Familie! Ich bin schon sehr gespannt.
Fotos folgen wie beim letzten Mal.
Twalumba,
Eure Helen