Sonntag, 22. November 2015

Bericht Nummer Zwei

Für den EWE habe ich meinen zweiten Bericht geschrieben und auch wenn ich hier bereits über ein paar der Dinge erzählt habe, möchte ich ihn euch zeigen. Hier ist er:

Es ist schon ein bisschen seltsam. Seit ich hier in Sambia bin, scheinen die Uhren anders zu ticken und damit meine ich nicht nur die "sambische Zeit". Wenn ich auf die knapp drei Monate zurückschaue weiß ich vielmehr nicht, ob mir das länger oder kürzer als drei Monate vorkommen soll oder wie lange einem überhaupt und normalerweise drei Monate vorgekommen sind. Wahrscheinlich weil diese Zeit so erlebnisreich war, womöglich die erlebnisreicheste Zeit bisher in meinem Leben.

Als ich vor ein paar Jahren beschlossen habe auf jeden Fall nach der Schule ins Ausland zu gehen, wollte ich zunächst nur für ein halbes Jahr fort aus Deutschland. Ein Jahr weit weg von meinen Liebsten, das kam mir so unglaublich lange vor. Ich habe gedacht, sich in ein anderes Umfeld einzuleben, das dauert doch nur ein paar Wochen und ein halbes Jahr ist genug Zeit um eine andere Kultur kennenzulernen. Wie falsch ich doch lag! Ich wollte immer, dass Dinge schnell gehen, dass ich schnell hier ankomme, schnell Tonga lerne, schnell genauso gut Nshima kochen kann, schnell eine echte Sambierin werde. Da musste ich aber enttäuscht werden. Hier laufen viele Dinge langsam. Deswegen war die erste Sache, die ich lernen musste nicht die Sprache oder das Kochen sondern geduldig zu sein, besonders mit mir selbst. Ich bin nunmal eine Deutsche und ich brauche meine Eingewöhnungszeit. Das mussten nicht meine Familie und Freunde verstehen (die sind alle sehr geduldig mit mir), sondern das musste ich akzeptieren. Und Schritt bei Schritt lernte ich auch, Schritt bei Schritt nahm ich das Leben in meiner Familie und meiner Arbeitsstelle an und gab meine persönliche Note dazu.

So ist es nicht nur so, dass ich die Leute auf der Straße in Tonga begrüßen kann, denn auf der anderen Seite kann meine Familie mich in deutsch zurückgrüßen. Morgens kommt meine Mutter zum Beispiel ins Zimmer und sagt "Guten Morgen Chile" und ich sage" Mwabuka buti?" und sie antwortet "Kabotu" (das ist der Gruß am Morgen in Tonga). Das Beste daran ist aber, dass sie auch meine Schwester im Nachbarzimmer mit "Guten Morgen" weckt. So lebt meine Kultur auch oahne mich hier weiter, genauso wie ich vorhabe all diese Erfahrungen hier später in Deutschland zu teilen. Noch besser ist dann aber, wenn meine Schwester meine Mutter in ihrer deuschen Aussprache verbessert. "Mama das wird Guten Morgen ausgesprochen! Du sagst es falsch!" Das ist doch mal Kulturaustausch auf Augenhöhe.


Dieser Kuluraustausch lässt sich auch sehr gut an meiner Arbeitsstelle finden. Ich bin zur Zeit in einer Behindertenschule tätig und hier habe ich noch kein Mal erlebt, dass die Kinder "Mzungo" rufen wenn sie mich sehen. Mzungo bedeutet, dass ich eine Weiße bin und ich mag es gar nicht, wenn ich über die Straße gehe und die Kinder dieses Wort rufen. Ich bin natürlich eine Weiße und ich kann verstehen, dass die Kinder aufgeregt sind, wenn sie plötzlich ein weißes Mädchen an ihrem Haus vorbeilaufen sehen. Aber ich bin nicht NUR eine Weiße. Die Kinder in der Schule haben mich von dem ersten Moment an so angenommen wie ich bin und so macht es keinen Unterschied, dass wir andere Hautfarben haben. Ich gebe Unterricht so gut ich kann und mache mit, wenn andere Lehrer Unterricht geben. So übten wir für den Independence Day ein Lied in Bemba ein und ich sang mit auch wenn meine Aussprache bestimmt nicht die Beste war. Aber die Kinder haben sich total gefreut, dass ich mitmachte. Singen. Das können die Kinder gut. Bevor der Schulbus kommt, werden die Klassenräume gefegt und es wird gewartet. Dann schnappt sich einer der älteren Jungs eine Trommel aus dem Klassenzimmer und plötzlich kommen alle Kinder an, umschwirren ihn, klatschen, trampeln, zerren mich in die Mitte und meinen ich soll tanzen. Meistens lachen sie über meine Art zu tanzen und ich muss oft feststellen, dass die Schüler hier es besser können als ich, egal ob sie nun ein Handicap haben oder nicht.
Am Independence Day haben ein paar der Mädchen eine Art Marsch vorgeführt und natürlich habe ich mitgemacht. Jeder von uns hat einen schwarz-weiß angemalten Stock in die Hand bekommen. Mit dem marschiert man auf und ab wärend einer Trommel spielt und macht unterschiedliche Bewegungen. Es hat so viel Spaß gemacht! Und noch besser war zu sehen wie glücklich die Leute waren ein weißes Mädchen mitmarschieren zu sehen. Außerdem hatten wir eine Feier in der Gemeinde unter den Jugendlichen wo ordentlich getanzt wurde -und diesmal nicht nur auf sambische Art! Ich habe den Mädchen nämlich den für Karneval typischen Gardetanz beigebracht und alle waren total begeistert.

Was ich hier in meiner Familie besonders lerne, ist, die Dinge zu schätzen, die man hat. Ein Beispiel: Hier in Mazabuka haben wir eigentlich keine Probleme mit Strom wegen der Zuckerfabrik die rund um die Uhr Elektrizität braucht. Manchmal haben wir aber dann dich das Pech abends ohne Strom im Dunkeln zu sitzen. Eigentlich möchte man bei der Hitze endlich duschen und sein Handy aufladen oder so ungefähr. Und dann geht plötzlich -zack- das Licht draußen and und in der Umgebung jubeln Kinder und wir rennen auf die Veranda und klatschen und jubeln mit.

Manchmal vermisse ich natürlich auch die ein oder andere Sache, besonders wenn es um Essen geht. Ich als Aachenerin die Karneval sehr gern hat fehlte mir besonders das Fettgebäck das meine Oma immer backt, Puffeln auf Öcher Platt. Aber, kein Problem hier in Mazabuka! Denn, sobald man vor die Türe geht, findet man an jeder Ecke Frauen die sogenannte Frittos verkaufen. Und als wir Zuhause selbst welche zubereitet haben, musste ich feststellen, dass die genauso schmecken wie Omas Puffeln.

So gibt es so viele Gemeinsamkeiten die die Menschen hier wie dort teilen und das ist immer wieder schön zu entdecken.

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